“Die „Schwätzen statt hetzen digital spezial“-Veranstaltung der Heilbronner Landtagsabgeordneten Susanne Bay (GRÜNE) mit Ricarda Lang, stellvertretende Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der Bundesgrünen, und Isabell Steidel, Grüne Bundestagskandidatin für den Wahlkreis Heilbronn, hatte eines der drängendsten Themen dieser Zeit im Blick: Die Sozialpolitik.
Der Input der Filderstädterin Ricarda Lang unterstrich insbesondere, dass die Coronapandemie den Fokus der Öffentlichkeit zwar zunehmend auf bisher vernachlässigte Themenfelder (wie etwa die schlechte Bezahlung in der Pflege) lenkt, bestimmte Probleme aber auch gravierend verschärft: „Wie unter einem Brennglas werden die Stärken und Schwächen der bestehenden Sozialpolitik offengelegt“. Die Pandemie müsse als zusätzlicher Anreiz gesehen werden, die bestehenden Systeme zu überdenken und an denjenigen Stellschrauben zu drehen, die unsere Systeme krisenfest machen können. Dies werde vor allem im Schulsystem, im Bereich der systemrelevanten Berufe sowie bei der Garantiesicherung deutlich.
Besonders die Probleme im Schulsystem legten offen, dass sozialpolitische Themenfelder extrem krisenanfällig seien. Der Zugang zu Bildung sei, so Ricarda Lang, noch immer vom Elternhaus abhängig – dies werde momentan etwa durch die Probleme beim Homeschooling sichtbar. Auch Bezieher*innen von Hartz IV würden bei zu vielen politischen Entscheidungen unberücksichtigt bleiben. Deutlich werde dies momentan etwa an der Debatte um eine FFP2-Maskenpflicht. Ein besonderes Augenmerk richtete Lang auch auf den Bereich der systemrelevanten Berufe: Der anfängliche Applaus für Pflegende endete ihrer Ansicht nach in leeren Versprechen der Politik. Es sei an der Zeit, mit mehr Personal, besseren Bemessungsinstrumenten und entlastenden Zeitslots dafür zu sorgen, dem Pflegepersonal das Gefühl zu geben, dass ihre Arbeit einen extrem hohen sozialen Wert hat. Auch im Bereich der Garantiesicherung sei es an der Zeit, das „nicht armutsfeste und demütigende“ System von Hartz IV zu überwinden. Vielmehr soll eine Garantiesicherung die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen, den Menschen die Angst vor dem sozialen Abstieg nehmen und stets eine Zukunftsperspektive bieten. Im Kontext der Pandemie bedeute das, so Lang, „dass wir es uns nicht erlauben können, uns aus der Krise heraus zu sparen“. Dieser Versuch gehe „zu Lasten der Ärmeren und des sozialen Systems“. Isabell Steidel nahm die Anregungen auf und machte darüber hinaus auf die Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern („gender pay gap“) aufmerksam, die in Deutschland derzeit bei etwa 19 Prozent liegt.
Auf Nachfrage von Susanne Bay betonte Lang, dass die Garantiesicherung nicht mit dem viel diskutierten bedingungslosen Grundeinkommen verwechselt werden darf, da sie bedarfsorientiert ist. Ihrer Ansicht nach soll die Garantiesicherung Arbeitslose, aber auch Menschen aus dem Mindestlohnsektor entlasten. Auf den Vorwurf, dass die Grünen in der Sozialpolitik nur mit „Trippelschritten“ vorankommen würden, entgegnete Ricarda Lang, dass es ein riesiger Schritt sei, das System Hartz IV zu überwinden. Der Vorschlag einer Garantiesicherung diene zudem dazu, das Vertrauen von Menschen in unsere Sozialsysteme zurückzugewinnen. Dennoch waren sich die Politikerinnen einig: Es sind neben großen Reformen insbesondere auch die konkreten Verbesserungen in einzelnen Feldern der Sozialpolitik, die unser Land zunehmend voranbringen können.”
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