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Erfrierungsschutzstation Heilbronn: Kretschmann spricht mit Ehrenamtlichen

Ministerpräsident Kretschmann sieht ehrenamtliches Engagement als sinnstiftende Aufgabe in unserer Gesellschaft

Am Samstag, 6. März, kam Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu einem digitalen Besuch nach Heilbronn. Die Grüne Heilbronner Abgeordnete Susanne Bay hatte unter dem Titel „Wachsen wir über uns hinaus am Beispiel der Erfrierungsschutzstation Heilbronn“ die beiden Grünen Landtagskandidaten Erwin Köhler und Armin Waldbüßer aus den Wahlkreisen Eppingen und Neckarsulm sowie den Geschäftsführer der Aufbaugilde Heilbronn, Hannes Finkbeiner und die Leiterin der Wohnungs- und Suchthilfe Bärbel Schulze eingeladen. Auch zwei Ehrenamtliche, Debora Gambalonga und Sandra Schadt, berichteten von ihren Erfahrungen.

Nach dem Grußwort von Susanne Bay zur Bedeutung des Ehrenamts als Säule unserer Zivilgesellschaft griff der Ministerpräsident den Faden auf: „Ich begreife das ausgeprägte zivilgesellschaftliche Engagement in unserem Land als Zeichen für lebendige Demokratie und bin daher sehr dankbar für diesen wichtigen Termin.“ Hannes Finkbeiner gab einen Überblick über die Entstehungsgeschichte der Erfrierungsstation am Freibad Neckarhalde, in der in den Wintermonaten bis zu 16 Wohnungslose pro Nacht untergebracht werden können. Seine Mitarbeiterin Schulze berichtete, dass in der Stadt und im Landkreis Heilbronn circa 1500 Menschen von Obdachlosigkeit oder prekären Wohnungssituationen betroffen seien. Seit Corona habe sich die Lage dramatisch zugespitzt und zeige die Ausweglosigkeit der Obdachlosen, die keine Bleibe hätten und nach der Ausgangssperre nirgendwo hin könnten.

Die beiden Ehrenamtlichen Gambalonga und Schadt wurden aber gerade durch die Corona-Krise motiviert, sich ehrenamtlich zu engagieren. Sehr plastisch beschrieben sie ihre Aufgaben in der Erfrierungsstation, die eine feste Struktur haben. Unterstützt werden sie durch die professionelle Begleitung der Aufbaugilde, als Ansprechpartner rund um die Uhr steht das Ehepaar Andreas und Grisu Neudeck zur Seite. Negative Erfahrungen hätten sie während ihrer Schichten noch keine gemacht. „Man wird geerdet und bekommt viel zurück“, ist das Fazit von Gambalonga. Die jungen Ehrenamtlichen erfahren auch im Freundeskreis positives Feedback. Finkbeiner ergänzte, dass die Spendenbereitschaft für Sachspenden seit Corona sogar gestiegen sei.

Ministerpräsident Kretschmann zeigte sich sehr berührt durch die Schilderungen und unterstrich, dass das gemeinschaftliche Handeln zwischen ausgebildeten Fachkräften und Ehrenamtlichen erst den Erfolg dieses Engagements gewährleisteten. Genau deswegen würden die Fortbildungen für die sozial Engagierten kontinuierlich erweitert, erklärte Finkbeiner.

Landtagskandidat Erwin Köhler pflichtete diesem Aspekt bei: er kenne und schätze die Verzahnung von Ehrenamt und Fachwissen aus seiner Arbeit bei der Offenen Behindertenhilfe. Armin Waldbüßer freute sich über die Entwicklung der Aufbaugilde, die sich immer mehr sozialer Aufgabenstellungen annehmen könne.

Auf Nachfrage von Ministerpräsident Kretschmann erläuterte Finkbeiner die Ursachen für die Obdachlosigkeit: Es sei ein Teufelskreis, der zumeist mit Arbeitslosigkeit beginne. Oft gehe diese einher mit keiner oder schlechter Ausbildungsqualifizierung und führe aufgrund mangelnder Vermittlungsfähigkeit durch finanzielle Nöte zur Wohnungslosigkeit. Auch die Gruppe osteuropäischer Saisonkräfte, die nicht mehr nach Hause zurückkehren wollten und viele Alleinstehende ohne Familienanschluss fänden nicht in das soziale Leben zurück. Ministerpräsident Kretschmann führte an, dass das Soforthilfeprogramm für die Wohnungslosenhilfe im Zuge der Corona-Krise aufgestockt worden sei. „Die finanzielle Hilfe erleichtert uns die Arbeit“, so Finkbeiner, „dennoch sind die Erwartungen der Kostenträger zur Wiedereingliederung leider viel zu hoch.“

Der Ministerpräsident fasste seine Eindrücke zusammen: „Ich freue mich sehr, mit welcher Frische Sie als Ehrenamtliche Ihrer Aufgabe nachgehen. Eine Aufgabe, die Sinn ergibt, ist das, was uns durchs Leben bringt“, so Ministerpräsident Kretschmann: „So ist es auch in der Politik: sie muss keinen Spaß machen, sie muss Sinn ergeben.“ Er sei sich sicher, dass aus der Krise neue Möglichkeiten entstehen, wie er es auch bei den Ehrenamtlichen Gambalonga und Schadt gesehen habe: „Die Krise hat Sie dazu bewogen, sich einzubringen für die Gesellschaft. Damit funktioniert die soziale Temperatur in unserem Land und dafür bin ich sehr dankbar“.

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