Foto: Landtag von Baden-Württemberg

Ausstattung der Abgeordneten

Es gab in den letzten Tagen viel Wirbel um die Neuregelung zur Ausstattung und Altersversorgung der Abgeordneten im baden-württembergischen Landtag. Zu diesem Thema nehme ich wie folgt Stellung:
Liebe Grüne Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

viele von Euch/Ihnen – auch die, die sich nicht persönlich gemeldet oder uns geschrieben haben – denken sicher mit einigen offenen Fragen über die Entscheidung des Parlaments nach, die vergangene Woche zu Neuerungen bei Ausstattung und Abgaben für uns Landtagsabgeordnete getroffen wurde. Ich habe mich bisher dazu noch nicht zu Wort gemeldet, weil mir schnell klar wurde, dass das Verfahren der Entscheidungsfindung zur Neuregelung der Abgeordnetenausstattung nicht dem entspricht, was man von uns Grünen zu Recht verlangen kann. Eine Politik des Gehörtwerdens kann nicht nur heißen, dass wir die Bürger*innen anhören wollen. Es bedeutet auch zu berücksichtigen, dass die Bürger*innen einen Anspruch darauf haben, zu hören und zu verstehen, wie wir Entscheidungen treffen. Das heißt in Bezug auf den Beschluss von vergangener Woche, dass wir besser hätten kommunizieren und auch diskutieren müssen.

Mündliche Rückmeldungen, auch am Montag in meiner Sprechstunde, Mails und Briefe habe ich sehr ernst und mir zu Herzen genommen. In dem Gesetzespaket sind viele Dinge enthalten, die ich inhaltlich richtig und wichtig finde. Unbehagen hat mir aber bereitet, dass die Art und Weise und der zeitliche Ablauf dieser Entscheidung schwer nachvollziehbar ist: So etwas muss transparent kommuniziert werden. Das haben wir gestern in der Fraktion diskutiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir eine Aussetzung und Evaluierung des Gesetzes durch unabhängige Experten veranlassen wollen. Dafür habe ich mich sehr eingesetzt und für die Überprüfung des Gesamtpakets plädiert. Die gemeinsame Position der Landtagsfraktionen von gestern Abend sieht nun vor, das Gesetz auszusetzen. Eine unabhängige Expertenkommission soll die Neuregelung der Abgeordnetenpensionen prüfen.
Im Anschluss möchte ich darauf eingehen, welche Neuregelungen warum vorgesehen waren:

Altersversorgung

Nach der Reform in der letzten Legislaturperiode hat sich gezeigt, dass die bisher geltende Regelung, die ohne Wahlmöglichkeit allein auf eine private Altersvorsorge setzt, zu Ungerechtigkeiten und Härtefällen führen kann. Eine ausschließlich private Altersvorsorge rentiert sich vor allem dann, wenn über eine sehr lange Zeit kontinuierlich Beiträge eingezahlt werden. Ein Abgeordnetenmandat auf Zeit führt deshalb zu einer deutlichen Schlechterstellung vieler Abgeordneter gegenüber ihrer vorherigen Tätigkeit. Um dem entgegenzuwirken, wurde am Freitag ein Optionsmodell beschlossen, in dem sich die Abgeordneten zwischen der bisherigen rein privaten Vorsorge oder einer staatlichen Pension analog zur Regelung des Bundestages entscheiden können. Wer sich für die staatliche Altersversorgung entscheiden würde, bekäme selbstverständlich keinen Vorsorgebeitrag mehr ausbezahlt. Die neue Regelung würde verhindern, dass Abgeordnete Einbußen in ihrer Altersversorgung aufgrund der Parlamentstätigkeit befürchten müssen. Insofern trüge dies zur Unabhängigkeit des Parlaments bei.

Dies hätte keine Rückkehr zum bis 2011 gültigen Pensionsmodell bedeutet, bei dem nach zwei Amtsperioden bereits eine Pension von 70 %, auszahlbar ab dem 61. Lebensjahr, erreicht werden konnte.

Die neue Regelung hätte eine mögliche Pension in Höhe von 2,5 % der Diät pro Mandatsjahr gewährt, höchstens aber 65 % (bis dahin braucht man 26 Mandatsjahre. Die durchschnittliche Mandatsdauer beträgt 13 Jahre), auszahlbar ab Vollendung des 67. Lebensjahres und selbstverständlich zu versteuern. Nach zwei Amtsperioden hätte ein*e Abgeordnete*r nach dem neuen Verfahren (ab 67 Jahren) einen Anspruch auf 25% der Diäten, nicht wie bis 2011 auf 70%, erwerben können.

Die Regelung, nicht die private Vorsorge, sondern diese staatliche Option wählen zu können, halte ich für vertretbar, weil sie dafür sorgt, dass sich auch Menschen, die nach ihrer möglichen Parlamentszeit nicht in ein gesichertes Arbeitsverhältnis zurückkehren könnten oder die aus einem sehr gut abgesicherten Arbeitsverhältnis zeitweise für die Parlamentsarbeit aussteigen würden, weiterhin zur Wahl in das politische Amt des oder der Landtagsabgeordneten zur Verfügung stellen.

Wahlkreisarbeit

Ich bin der Meinung, dass es richtig ist, mehr Geld in die Wahlkreisarbeit zu investieren:

Ein Abgeordnetenmandat ist eine anspruchsvolle und verantwortungsvolle Aufgabe. Gerade mit der Umstellung auf ein Vollzeitparlament im Jahr 2011 ist die Verantwortung der Abgeordneten und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nochmals gestiegen.

Deshalb haben die vier schon damals im Parlament vertretenen Fraktionen der Grünen, der CDU, der SPD und der FDP eine gemeinsame Evaluation der seit 2011 geltenden Regelungen bezüglich der Abgeordnetenausstattung vorgenommen. Auf Basis der Erfahrungen seit 2011 sieht das Gesetz folgende Regelungen vor:

  1. Zum einen soll der Höchstbetrag, für den Abgeordnete Mitarbeiter*innen beschäftigen dürfen, von derzeit 5.409,43 Euro auf künftig 10.438,08 Euro angehoben werden. Das entspricht dem Niveau von 50 Prozent im Deutschen Bundestag. Die Abwicklung erfolgt über die Landtagsverwaltung, nicht genutzte Beträge werden nicht ausgezahlt und können nicht übertragen werden, sondern verfallen.
  2. Zum anderen soll die Kostenpauschale von derzeit 1.548 Euro auf künftig 2.160 Euro angehoben werden – was sich aus der Erhöhung für die der Mitarbeiter*innen ergibt.

Die Zuarbeit von Mitarbeiter*innen für die Mandatsausübung und eine ausreichende Ausstattung der Wahlkreisbüros ist notwendig, damit das Parlament seine Aufgaben gut wahrnehmen kann. Durch fachlich qualifizierte Beratung kann es der Regierung auf Augenhöhe gegenübertreten und deren Arbeit kritisch fundiert begleiten. Das war insbesondere den Oppositionsfraktionen ein Anliegen. Uns Grünen ist eine gute Wahlkreisarbeit sehr wichtig, denn wir wollen mit Euch/Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, einen engen Kontakt pflegen und ihre Anregungen sowie die Belange der Wahlkreise in das Parlament tragen. Voraussetzung dafür ist eine ausreichende Ausstattung bei fairer Bezahlung der Mitarbeiter*innen.

Ganz persönlich sehe ich, dass die Art und Weise sowie der zeitliche Ablauf der Gesetzgebung nicht nachzuvollziehen sind. Im Nachhinein wäre es besser gewesen, einen öffentlichen Diskurs über die Sache zu führen, denn wir haben gute Argumente für einen Veränderungsbedarf. Die Diskussion im Parlament, die es am 8. Februar gab, war nicht ausreichend. Hier sehe ich ein Versäumnis im Prozedere der vergangenen Woche.

Ich glaube allerdings – und die Anforderungen an das „Kleinunternehmen Abgeordnetenbüro“ belegen dies täglich – dass die Anhebung von Personalbudget und Kostenpauschale uns in die Lage versetzen wird, den in den letzten Jahren stark gestiegenen Erwartungen (auch der einzelnen Bürger*innen) an Landtagsbüros noch besser gerecht zu werden.

Liebe Grüße

Susanne Bay

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