Schmunzelnd grinste mich ein Freund an: „Ein Praktikum im Landtag? Da bist du doch sowieso nur der, der Kaffee kochen muss!“.
So oder so ähnlich waren viele Reaktionen meiner Freund*innen, nachdem ich ihnen von meinem freiwilligen, fünfwöchigen Praktikum bei der Landtagsabgeordneten Susanne Bay erzählte. Doch weit gefehlt! Das Praktikum verlangte mir so Einiges ab – Recherchieren, Ausschusssitzungen vorbereiten und das Lernen neuer Computerprogramme waren nur einige von vielen Tätigkeiten, mit denen ich mich befassen durfte. Doch Eins nach dem Anderen.
Als Student der Soziologie und Rechtswissenschaften in Konstanz befasse ich mich auch im Studium mit den aktuellen politischen Geschehnissen. Aus soziologischer Sicht interessiert mich in erster Linie das Verhältnis von Politik und Gesellschaft. Wie verläuft der aktuelle politische Diskurs? Aus welchen Situationen heraus entstehen oder verändern sich Parteien? Welche Ereignisse verändern das politische Verhalten der Wählerschaft? Und überhaupt: Wie verhält sich die Regierungskoalition trotz teilweise sehr unterschiedlichen Ansichten?
Auch aus rechtswissenschaftlicher Sicht ist vor Allem das Thema „Bauen und Wohnen“ sehr interessant. In meiner dritten Woche als Praktikant durfte ich an einer Besprechung zur Landesbauordnung (kurz: LBO) teilnehmen und konnte „live“ beobachten, wie jedes Wort einer Norm genau besprochen wird.
Aus meiner Heimatstadt Heilbronn bin ich zwei Mal in der Woche nach Stuttgart gependelt. So auch an meinem ersten Tag als Praktikant. Nach einer allgemeinen Führung durch das Haus der Abgeordneten und das Landtagsgebäude konnte ich mir mit Hilfe von vergangenen Reden von Susanne und Broschüren einen Überblick über das Thema „Bauen und Wohnen“ verschaffen.
Die Arbeit im Landtag erscheint einem anfangs etwas verwirrend: Es gibt die Abgeordneten, persönliche Mitarbeiter*innen, parlamentarische Berater*innen und noch viele Menschen aus weiteren Arbeitsfelder, die im Landtag angesiedelt sind. Mit der Zeit wird einem die Arbeitsweise aber verständlicher und man findet sich immer schneller zurecht. Das lag größtenteils an Annette, Malte und Daniel – Susannes persönlichen Mitarbeitern. Für alle meine (vielen) Fragen hatten sie stets ein offenes Ohr und konnten mir immer weiterhelfen.
Durch unterschiedlichste Aufgaben war mein Arbeitsalltag total abwechslungsreich: Ich durfte Susannes Mitarbeitern helfen, Mails von Bürgerinnen und Bürgern zu beantworten, ein Factsheet zur Städtebauförderung zu entwerfen, Susannes Adressliste zu pflegen, Informationen zum Thema „Bauen und Wohnen“ zu recherchieren und vielen anderen Bürotätigkeiten nachzugehen.
Meine persönlichen Highlights waren aber die Besuche der verschiedenen Gremien. Den politischen Alltag so hautnah erleben zu können ist hoch spannend. So durfte ich am NSU-Ausschuss teilnehmen und die Landespressekonferenz mit Thomas Strobl und Winfried Kretschmann besuchen. Besonders eindrucksvoll war für mich der Tag, an dem der Wirtschaftsausschuss zusammenkam. Ich bekam die Gelegenheit, erst den Grünen Arbeitskreis (also alle Grünen Abgeordneten, die im Wirtschaftsausschuss sitzen), dann den Grün-Schwarzen Arbeitskreis (die Regierungskoalition), und schließlich den gesamten Wirtschaftsausschuss mit den jeweiligen politischen sowie auch zwischenmenschlichen Eigenheiten zu beobachten.
Spannend fand ich die Gruppendynamik in den einzelnen Gremien. Anfangs, beim Grünen AK, herrschte in den Diskussionen zwar professionelle, aber dennoch freundliche Stimmung zwischen den Mitgliedern.
Überrascht war ich, wie ernsthaft und verantwortungsbewusst sich die Abgeordneten der Grünen in den anderen beiden Gremien verhalten haben. Den anderen politischen Lagern wurde Respekt gezeigt – was ich umgekehrt zum Teil vermisste. Für mich war dieser Tag ein besonders beeindruckendes Erlebnis, da den Abgeordneten ihre politische Überzeugung ganz offensichtlich so wichtig ist, dass sie inhaltlich stark und nicht emotionalisiert für ihre Überzeugungen und gegen Provokationen eintreten.
Liebe Susanne, liebe Annette, lieber Malte und lieber Daniel,
die knapp fünf Wochen bei Euch waren ein Glücksgriff für mich. Ich habe selten in so kurzer Zeit so viel inhaltlich und persönlich gelernt und bin Euch dafür total dankbar. Mich begeistert, wie viel Wert Ihr auf Umgangsformen und inhaltliche Argumentation legt. Jede noch so unhöfliche Bürgeranfrage wurde ausführlich beantwortet – mit tagelanger Recherche- und Schreibarbeit. Durch die Bürgersprechstunden und das „Schwätzen statt Hetzen“-Programm zeigt Ihr den Wähler*innen, dass Ihr als Repräsentanten immer ein offenes Ohr für deren Belange habt. Meiner Ansicht nach ist es in Zeiten der Politikverdrossenheit genau dieses Verhalten, das uns voranbringt und die Brücke zwischen Wähler*innen und Politiker*innen wieder begehbar macht. Ganz herzlichen Dank.
Ach ja, Kaffee kochen musste ich kein einziges Mal.
Verwandte Artikel
Abschied und Neubeginn
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Wegbegleiter*innen in den zurückliegenden Jahren, Mit dem 1. Februar beginnt für mich ein neuer Lebensabschnitt als Regierungspräsidentin in Stuttgart. Damit endet zwangsläufig meine Zeit…
Weiterlesen »
Über den Dächern Stuttgarts
Arbeitskreis Landesentwicklung und Wohnen trifft IBA’27-Intendanten Andreas Hofer Nähe statt Dichte, Nutzungsflexibilität statt struktureller Erstarrung, bunte Vielfalt statt grauer Monotonie – Lebensraum mit Zukunft: Das ist nicht nur Zielsetzung des…
Weiterlesen »
Praktikumsbericht | Eine Bereicherung fürs Leben
Liebe Praktikumsinteressierte, ihr seid gerade auf der Homepage der Landtagsabgeordneten Susanne Bay unterwegs und fragt euch, ob ein Praktikum bei Susanne, der Grünen Sprecherin für Bauen und Wohnen, das Richtige…
Weiterlesen »