Martin Hahn und Susanne Bay, Grüne: Miteinander reden ist die Formel, damit wir ohne Polarisierung in Sachen Artenschutz und in der Landwirtschaft vorankommen
„Zukunft der Landwirtschaft zwischen Artenvielfalt, Tierwohl und Preisdruck“ – mit diesem Thema war auf Einladung der Grünen Heilbronner Landtagsabgeordneten Susanne Bay Martin Hahn, agrarpolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion, ins Mehrgenerationenhaus gekommen.
Am Tag bevor das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ an den Start ging, drehte sich die Diskussion mit den gut 90 Besucherinnen und Besuchern, zum Großteil aus der Landwirtschaft, wesentlich um die Ziele des Volksbegehrens. Deutlich wurde: Vor allem die Forderung nach Pestizidfreiheit in Schutzgebieten macht den Bäuerinnen und Bauern Sorgen, wären dadurch doch schätzungsweise rund ein Drittel der Kulturflächen in Baden-Württemberg grundsätzlich erst einmal von der Regelung betroffen. Martin Hahn, der selbst jahrzehntelang einen Demeterhof betrieb, stellte in diesem strittigen Punkt – nach Fraktionsklausur und Parteitag der Grünen – in Aussicht: „Die Interessenslage der Landwirtschaft muss in diesem Punkt mitgedacht werden“. Eine Lösung könne nur gefunden werden, wenn man alle Betroffenen zusammenbringe: Alle, die sich um den Verlust der Artenvielfalt sorgen, Verbraucherinnen und Verbraucher und die Landwirtinnen und Landwirte, die die Ziele des Volksbegehrens als Überforderung empfänden. Die Landesgrünen suchten eine Lösung, wie, falls nötig, so etwas wie ein Versöhnungsgesetz entwickelt werden könne.
Einige Missverständnisse konnte die Veranstaltung ausräumen, darunter das über die Urheberschaft des Volksbegehrens, das vom Verband Pro Biene initiiert wurde, aber deutlich weiter geht als das bayerische Begehren: „Das, was in Bayern gefordert wurde, wird in Baden-Württemberg schon umgesetzt“, erklärte MdL Susanne Bay. „Wir begrüßen das Ziel, Artenvielfalt wirksam zu schützen und freuen uns, dass sich so viele Menschen dafür stark machen. Wir müssen aber vermeiden zu polarisieren.“ Wesentlich sei es, miteinander voranzukommen.
„Wir müssen mehr mit der Gesellschaft diskutieren, wie wir Landwirtschaft in Zukunft betreiben wollen und wie wir unsere Handelslandschaft so gestalten, dass beim Bauern etwas ankommt“, schilderte der Brackenheimer Biolandwirt Jürgen Winkler die Aufgabe. Damit beantwortete er die Frage einer jungen Frau, die als interessierte Verbraucherin feststellte, dass die Bevölkerung die Tragweite des Volksbegehrens und die möglichen Auswirkungen auf die Landwirtschaft gar nicht mitbekomme.
Wie groß die Sorgen der Bewirtschafter sind und wie komplex die Themen, die sie umtreiben, zeigten zahlreiche, auch aufgebrachte Wortmeldungen. Auch das alte Konflikt-Konstrukt „bio gegen konventionell“ flammte mehrfach auf. Hahn stellte mit Bezug auf das Volksbegehren klar: „Ohne Pflanzenschutz kann man weder konventionell noch ökologisch wirtschaften“. Das Ziel, dass bis 2035 die Hälfte aller bäuerlichen Betriebe auf Bio umstellen sollen, sieht er gelassen: „Es gibt viel Potenzial im Ökolandbau, aber man muss es entwickeln“. Und immer gelte: Wer Landwirtschaft betreibe, müsse sein Auskommen haben. Wie das aus Grüner Warte zu erreichen ist, erklärte er in seinem Vortrag. Er setzt auf Regionalität als Wirtschaftsfaktor, auf Qualität, die Sicherheit für Vermarkter wie für Verbraucher schaffe und auf Digitalisierung als Chance zum Erschließen neuer Märkte.
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